AfD fühlt sich durch afrikanischem Trommeln gestört

Derzeit gibt es eine Debatte über kulturelle Zentren in Hessen. Ministerin Dorn führt Goethe als Kronzeugen gegen nationalistische Verengung an.

Die hessische AfD ist in großer Sorge. Ist das noch deutsche Kultur, wenn in geförderten hessischen Kulturzentren afrikanisches Trommeln und das Spielen des Didgeridoo, des traditionellen Blasinstruments der australischen Aborigines, gelehrt wird?

Ja, das ist es, antwortet Kulturministerin Angela Dorn (Grüne) und zitiert den unzweifelhaft deutschen Dichter Johann Wolfgang von Goethe: „Wer sich selbst und andere kennt, wird auch hier erkennen: Orient und Okzident sind nicht mehr zu trennen.“ Sie jedenfalls empfinde Didgeridoo-Spielen und afrikanisches Trommeln als Bereicherung der Kultur in Hessen, entgegnete sie jetzt im Landtagsausschuss für Wissenschaft und Kultur dem AfD-Abgeordneten Heiko Scholz. Die Antworten wurden hinter verschlossenen Türen gegeben, aber das Protokoll liegt der FR vor.

Seit die AfD Anfang des Jahres in den Hessischen Landtag eingezogen ist, demonstriert sie ähnlich wie in anderen Landtagen ihr gespanntes Verhältnis zu bestimmten Akteuren und Themen im Kultur- und Wissenschaftsbetrieb. Dazu gehört generell die Gender-Forschung, aber auch Institutionen wie das Kulturzentrum Mousonturm in Frankfurt oder die soziokulturellen Zentren in Hessen, die in der „Landesarbeitsgemeinschaft der Kulturinitiativen und soziokulturellen Zentren in Hessen“ (LAKS) zusammengeschlossen sind. Immer wieder werfen die rechten Abgeordneten die Frage auf, ob die Finanzierung solcher Initiativen mit öffentlichen Mitteln gerechtfertigt ist.

AfD: Beitrag zur Etablierung deutscher Leitkultur

Was die hessische AfD als förderungswürdige Kultur anerkennt, hat ihr kulturpolitischer Sprecher Frank Grobe jüngst in einer Landtagsdebatte deutlich gemacht. Es ging um die Chancen der Digitalisierung an Museen. Grobe erklärte, diese könne „einen Beitrag zur Etablierung einer deutschen Leitkultur und in deren Wirkung eine Stärkung der deutschen Identität leisten“. Die Digitalisierung biete die Möglichkeit, die „Zeugnisse deutschen Kulturschaffens der vergangenen Jahrhunderte“ darzulegen.

Grobe zählt als Parlamentarischer Geschäftsführer zu den maßgeblichen Personen in der hessischen AfD. In der Plenarsitzung erntete er deutlichen Widerspruch aus den anderen Fraktionen, die Kultur nicht auf „deutsches Kulturschaffen“ reduzieren wollten. „Mit Verlaub: Die Welt ist ein bisschen größer als Ihr Kopf. Die Kultur ist auch ein bisschen größer“, entgegnete der SPD-Abgeordnete Gernot Grumbach. Wer sich bei der Digitalisierung auf deutsche Leitkultur beschränken wolle, der verfolge eine unausgesprochene Nebenidee, warnte Grumbach: „deutsche Zensur“.

Linken-Fraktionschefin Janine Wissler drückte ihre Empörung über den AfD-Vorstoß anders aus. „Ich will nur feststellen, dass es im Regenbogen Platz für ganz viele Farben gibt“, sagte sie in der Landtagsdebatte. „Die Farbe Braun ist aber nicht dabei.“

Selten erregen Kulturdebatten öffentliches Aufsehen. In diesen Tagen empörte sich der AfD-Abgeordnete Grobe über ein Kunstwerk mit martialisch wirkenden Wolfsskulpturen, das der Künstler Rainer Opolka in Kassel präsentiert hatte. Dabei ging Opolka die AfD direkt an, indem er den Wolfsfiguren gelbe Warnbotschaften hinzufügte. Auf einer hieß es: „AfD: Wir hetzen nur. Das Treten überlassen wir anderen.“ Die AfD sah darin eine „antidemokratische Geisteshaltung dieses Künstlers“, verglich das Werk mit „Kunstströmungen wie dem sozialistischen Realismus oder der Blut-und-Boden-Kunst der Nationalsozialisten“ und will nun prüfen, ob Geld das Landes hierfür „zweckentfremdet“ worden sei.

Doch die AfD protestiert nicht nur, wenn Künstler gegen die rechte Partei Stellung beziehen. Sie meldet bereits Bedenken an, wenn ihr eine Kultureinrichtung zu links oder zu international erscheint – zunächst in Frageform. Als eines ihrer Ziele hat sie sich das Künstlerhaus Mousonturm ausgesucht. In den Fragen, die Ministerin Dorn beantwortet hat, zielt die AfD auf die Finanzierung und will wissen, für welche Projekte es Geld von mehreren Gebern erhalten hat.

Über den Autor

Kommentar verfassen

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.