“Es wird mir eine Freude sein, die Entsiffung des Kulturbetriebs in Angriff zu nehmen”

Die AfD will wissen, welche Staatsangehörigkeiten die Künstler in den Bereichen Ballett, Schauspiel und Oper auf staatlichen Bühnen im Land haben. Die Staatstheater Stuttgart zeigen sich irritiert.

Die AfD interessiert sich für die Staatsangehörigkeiten der an staatlichen Theatern beschäftigten Künstlern in Baden-Württemberg. In einer Landtagsanfrage fordert die AfD die Offenlegung, wie viele Balletttänzer, Schauspieler, Sänger und Musiker in der Oper keinen deutschen Pass besitzen. Außerdem will die Partei wissen, welche Staatsangehörigkeit die Künstler haben und wo sie ausgebildet wurden.

Welche Absicht verfolgt die AfD mit dem Antrag, der schon vor einigen Monaten gestellt wurde, aber nun eine Diskussion losgetreten hat? Rainer Balzer, der stellvertretender Fraktionschef der AfD, begründet den Vorstoß so: „Die Frage nach der Staatsangehörigkeit der Künstler zielt vor allem auf eine realistische Bestandsaufnahme des Status quo und auf eine Einschätzung der Qualität der eigenen Nachwuchskünstler im internationalen Vergleich ab.“

Tatsächlich könnte aber etwas mehr dahinterstecken. Die Anfrage ist zwar die erste ihrer Art in Westdeutschland. Im Osten hat es aber bereits mehrfach ähnlich formulierte Forderungen gegeben, den staatlichen Kulturbetrieb zu durchleuchten.

Zum Kulturbegriff der AfD gehört etwa ein Fokus auf deutsche Werke. Marc Jongen, der als Chefideologe der AfD gilt, sagte etwa im Januar 2017:

Es wird mir eine Freude sein, die Entsiffung des Kulturbetriebs in Angriff zu nehmen.

Marc Jongen, AfD
Marc Jongen, AfD – Rechtsextremistischer “Liebhaber der Künste” / Bild: Screenshot Daily Stormer

Der Groll über die AfD sitzt tief

Das Kunstministerium sieht sich in der Pflicht, dem Anliegen der AfD nachzukommen und eine entsprechende Auflistung mit der Herkunft der Künstler zusammenzustellen. „Auf der Grundlage unserer Landesverfassung haben alle im Landtag vertretenen Fraktionen das Recht, Anfragen zu formulieren“, sagt Roland Böhm, Pressesprecher des Ministeriums. Die Beantwortung der Anfrage der AfD zu den Staatsangehörigkeiten von Künstlern werde gerade bearbeitet. Für sehr sinnvoll hält man das Prozedere dort aber offenbar nicht.

„Grundsätzlich ist zu sagen, dass die Kunst-und Kulturlandschaft in Baden-Württemberg über die Landesgrenzen hinaus und europaweit als wichtiger Impulsgeber gilt“, sagt Böhm. Sie sei sowohl regional als auch international ausgerichtet, beherberge einmalige Kulturgüter, viele Einrichtungen seien weltweit vernetzt. „Wir beheimaten in Baden-Württemberg hervorragende Künstlerinnen und Künstler aller Sparten aus allen Ländern.“ Diese Ausrichtung stehe für die Vielfalt der Kulturszene und für Toleranz und Weltoffenheit.

Bild: Andreas Praefcke, Stuttgart StaatsoperCC BY 3.0 Bild:

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