Christoph Stölzl, Gründungsdirektor Stiftung Exilmuseum Berlin (links), Joachim Gauck, Bundespräsident a. D. und Schirmherr (mitte) und Jórunn Ragnarsdóttir, Fachpreisrichterin (rechts). / Foto: Till Budde/Stiftung Exilmuseum Berlin

Exilmuseum: Nicht nur eine Bereicherung, auch ein gesellschaftlicher Spiegel

Berlin/Bremen (ots/fs) – Es stelle sich nicht die Frage, ob man ein Exilmuseum brauche, sagte Altbundespräsident und Schirmherr Joachim Gauck, sondern vielmehr: Warum erst jetzt? Und schon ist man mittendrin in all den zähen Diskussionen ums kollektive Verdrängen von Mitschuld an Untaten der Nazis, vom teilweise schäbigen Umgang der Nachkriegsgesellschaft mit Rückkehrern und der Ignoranz gegenüber Exilbiografien, egal, ob sie tragisch oder glorreich ausgingen.

Portalruine am Anhalter Bahnhof. / Foto: © Stiftung Exilmuseum Berlin, Foto: René Arnold

Die Berliner Museumsneugründung beweist, dass man sich 75 Jahre nach Kriegsende dem Thema aus völlig neuen Blickwinkeln zuwenden kann. Es soll auch um das Exil als frühe Form der Globalisierung, um hybride Identitäten, um weltumspannende Kommunikation gehen. Die Museumsgründer reden von einer halben Million Menschen, die vor den Nazis fliehen konnten. Diesen Biografien wollen sie nachgehen.

Christoph Stölzl, Gründungsdirektor Stiftung Exilmuseum Berlin (links), Herta Müller, Literaturnobelpreisträgerin und Schirmherrin (mitte), Joachim Gauck, Bundespräsident a. D. und Schirmherr. / Foto: Till Budde/Stiftung Exilmuseum Berlin

Es wird Überschneidungen zu anderen Museen geben. Das Jüdische Museum ist ebenfalls mit Lebensgeschichten und der Sammlung von Alltagsgegenständen befasst. Die meisten Exilanten waren Juden. Aber auch das Deutsche Historische Museum widmet sich dem Thema. Sozialdemokraten, Kommunisten, Sinti und Roma, Homosexuelle oder Künstler verließen Nazi-Deutschland. All diese Geschichten sollen in dem neuen Haus gebündelt werden.

Bereits 2025 soll das Museum, dessen Architekturmodell vorgestellt wurde, eröffnet werden. Das klingt sportlich angesichts üblicher Berliner Bauzeiten und Kostensteigerungen. Aber es handelt sich um ein bürgerschaftliches Bauprojekt. Zur Erinnerung: Während die kommunale Sanierung der Staatsoper von einem Skandal in den nächsten schlitterte, wurde auf der Rückseite die Barenboim-Said Akademie im Zeit- und Kostenplan gebaut. Das Exilmuseum ist auf den Weg gebracht. Es wird eine Bereicherung für Berlin und Deutschland.

Über den Autor

Kommentar verfassen

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.