Ein typisches Gemälde seiner Zeit von Benjamin Franklin. / Foto: Medium

Faktencheck: Die Franklin-Rede ist eine antisemitische Fälschung – Rechte Fake-News

Berlin/Ganderkesee (ots/fs) – In einem Text, der auf Deutsch und vor allem im englischen Original im Internet kursiert, wird dem amerikanischen Politiker Benjamin Franklin (1706-1790) unterstellt, er habe eine antisemitische Rede gehalten. Darin heißt es unter anderem: “Ich warne Euch, Gentlemen: Wenn Ihr die Juden nicht für alle Zeiten ausschließt, dann werden die Kinder Eurer Kinder Euch in Euren Gräbern verwünschen!” (https://v.gd/71JnCc)

Bewertung

Benjamin Franklin hat diese Rede nie gehalten. Die vermeintlichen Worte Franklins sind ein antisemitisches Machwerk aus den 1930er Jahren, das schon damals als Fälschung entlarvt wurde. Der Text wird bis heute vor allem unter Rechtsextremisten verbreitet.

Fakten

Benjamin Franklin gilt als einer der Gründerväter der Vereinigten Staaten. Im Jahr 1787 nahm er am Verfassungskonvent in Philadelphia teil, auf dem die amerikanische Verfassung entworfen wurde. (https://v.gd/459hJ2)

Fast 150 Jahre nach Franklins Tod, am 3. Februar 1934, erschien in Asheville (North Carolina) eine Ausgabe der Wochenzeitung “Liberation”, herausgegeben von dem Rechtsextremisten William Dudley Pelley. (https://v.gd/bjhRlM) In der Zeitung war eine angebliche Rede von Franklin abgedruckt, die er zwischen den einzelnen Sitzungen des Verfassungskonvents gehalten haben soll. Ein Delegierter aus South Carolina, Charles Cotesworth Pinckney, soll Franklins Worte damals mitgeschrieben haben.

Die angebliche Rede Franklins wurde danach unter Antisemiten im US-amerikanischen Raum als “Franklin Prophecy” (Franklin-Prophezeiung) bekannt. (https://v.gd/6xsagw) Auch im nationalsozialistischen Deutschland wurde sie in den 1930ern verbreitet, etwa in den Nazi-Zeitungen “Völkischer Beobachter” und “Der Angriff”. (https://v.gd/5XE3Yn, https://v.gd/KO10Sx)

Tatsächlich existieren jedoch solche Aufzeichnungen Pinckneys nicht. Von Franklin ist keine solche Rede überliefert. Der Historiker Charles A. Beard entlarvte bereits im März 1935, dass es sich bei der angeblichen Rede Franklins um eine Fälschung handelt. (https://v.gd/tVDOjx)

Franklin schrieb zwar in seinen Tagebüchern mitunter abwertend über Juden, spendete aber im Jahr 1788 auch für eine jüdische Gemeinde in Philadelphia. (https://v.gd/7NVwF7) Nach seinem Tod im Jahr 1790 führten neben anderen Klerikern auch Rabbiner der jüdischen Gemeinde seinen Trauerzug an.

Nicht nur Rechtsextremisten bezogen sich in den vergangenen Jahrzehnten auf die “Franklin Prophecy”. Auch der islamistische Terrorist Osama bin Laden verwies in einem Brief aus dem Jahr 2002, der ihm zugeschrieben wird, auf die vermeintliche Prophezeiung von Benjamin Franklin.

Über den Autor

Kommentar verfassen

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.