Heimspiel für Höcke in Cottbus

Die AfD hat am Samstag in Cottbus den Brandenburger Landtagswahlkampf eröffnet. Ein Höhepunkt war dabei eine Rede des Thüringer AfD-Vorsitzenden und der Führungsfigur des rechten AfD-“Flügels”, Björn Höcke. Es war Höckes erster öffentlicher Auftritt nach dem jüngsten Streit über die Ausrichtung der Partei. Höcke hatte dabei den Bundesvorstand heftig angegriffen.

Zur Dramaturgie eines Wahlkampfauftakts gehört immer auch die Reihenfolge der Redner. Meist beginnt, wie an diesem Samstagnachmittag in Cottbus auf dem Platz vor der Stadthalle, der Gastgeber. Es ist Andreas Kalbitz, der Landesvorsitzende der AfD in Brandenburg, der den Zuhörern angekündigt wird als “unser angehender Ministerpräsident”. Für das Ende einer solchen Veranstaltung sieht die Hierarchie der Redner meist den prominentesten Politiker vor. Es wäre der Bundesvorsitzende der AfD Jörg Meuthen, der sich auf den Weg in die Stadt östlich von Berlin gemacht hat. Aber Meuthen hat da längst seine Rede gehalten, auch der Landesvorsitzende aus Sachsen, Jörg Urban hat gesprochen, und die Leute warten im Regen auf Björn Höcke.

Schlagermusik dröhnt über den Platz. Die Hölzbänke sind eng besetzt. Viele ältere Männer, auch Paare und Eltern mit kleinen Kindern, manche gekleidet, als wäre es ein Ausflug. Viele haben Deutschland-Fahnen mitgebracht. Etliche weitere Fähnchen wurden verteilt, was man ihnen deutlich ansieht: frisch aus der Verpackung sind sie noch ganz zerknittert. Einige Hundert Meter weiter haben sich AfD-Gegner zu einem Kulturfest im Puschkinpark verabredet, das Motto: “Cottbus bleibt bunt”. Einige tragen T-Shirts mit der Aufschrift “Moin Liebe” auf der Vorderseite und “Tschüss Hass” auf dem Rücken. Auf Plakaten steht “Platzverweis: Höcke”. Auf dem Platz vor der Stadthalle verzögert sich die Ankunft der schweren schwarzen Limousine aus Thüringen weiter. Als Höcke eintrifft, kündigt sein brandenburgischer Gastgeber ihn am Mikro mit einem Blick in den Himmel an: er werde sich den Hinweis verkneifen, dass in diesem Moment die Sonne herausgekommen ist.

Höcke stellt sich für den Moment des lauten Beifalls vorn an die Bühne. Er winkt mit in den Himmel gestreckten Händen. Sprechchöre mit seinem Namen werden laut, die ersten Reihen empfangen den Thüringer AfD-Vorsitzenden als wären seine Parteikollegen, auch der Bundessprecher Meuthen, nur das Vorprogramm gewesen. Und Höcke lässt sich feiern. Knapp eine Woche ist es nun her, dass Höcke auf dem Treffen der von ihm angeführten rechtsnationalen Gruppierung “Flügel” den Parteivorstand heftig angriff. Die Attacke empörte die Bundesspitze, neben Meuthen auch Alexander Gauland, so sehr, dass es dem Vernehmen nach intern zu deutlichen Worten kam. Am Donnerstag äußerten rund hundert AfD-Funktionäre in einem Appell massive Kritik an Höcke. Die AfD sei und werde keine Höcke-Partei, warnten sie ihn.

Der Osten ist “Flügel”-Land

Der angegriffene Angreifer zog sich zurück, ließ Presseanfragen unbeantwortet. Er habe intern sehr empfindlich auf die Welle der Kritik reagiert, heißt es aus dem Umfeld der Parteiführung, als ob er sich in Bedrängnis fühlte. Dies ist der erste größere Auftritt danach, am Sonntag soll der Wahlkampfauftritt im Nachbarland Sachsen folgen. In beiden Ländern wird am 1. September gewählt, einige Wochen danach auch in Thüringen.

Bild: Screenshot Youtube

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