Homophobie in den Freikirchen

Evangelische Freikirchen raten Schwulen und Lesben zur Therapie. Für Kritiker ist das “homophober Humbug”. Auch heimische Pastoren haben ein Problem mit Homosexuellen.

Das Thema, mit dem ein Bund evangelischer Freikirchen gerade für Aufsehen sorgt, ist so brisant, dass die meisten Pastoren in der Region am liebsten gar nichts dazu sagen wollen – und wenn doch, dann nur anonym. “Ich möchte mir nicht den Mund verbrennen”, sagt ein Prediger aus Nordhessen zu dem, was Schwule und Lesben als “homophoben Humbug” kritisieren. Es geht um eine “Orientierungshilfe” des Bundes Freier evangelischer Gemeinden zur Homosexualität.

In der bereits im Dezember veröffentlichten Schrift wird Homosexualität als „Symptom der Ur-Sünde“ bezeichnet. Schwulen und Lesben wird empfohlen, enthaltsam zu leben. Falls sie ihre sexuelle Orientierung ändern wollen, könnten sie eine “Therapie” machen. Der grüne Bundestagsabgeordnete Volker Beck, der auch Lehrbeauftragter am Religionswissenschaftlichen Institut der Uni Bochum ist, empfindet das alles als “unredlich und unbarmherzig”. Er nennt die “Ratschläge” eine “theologische Katastrophe”.

Das 19-seitige Papier und die Reaktionen darauf zeigen, welches Weltbild in vielen der bundesweit fast 500 Gemeinden mit mehr als 41.000 Mitgliedern herrscht, die der Bund freier evangelischer Gemeinden umfasst. Für den nordhessischen Pastor, der ungenannt bleiben will, ist Homosexualität eine “Fehlschaltung und nicht vereinbar mit einem christlichen Leitbild”. Dass Männer Männer lieben und Frauen Frauen, sei von Gott nicht gewollt. Die Bibel steht für ihn “über dem Grundgesetz”, das eine Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung verbietet. Wer homosexuell sei, rät er, solle seine Veranlagung “nicht ausleben”.

Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) widerspricht den Evangelikalen. “Homosexualität war nie eine Krankheit und bedarf keiner Heilung”, sagt Vorstand Henny Engels. Tatsächlich warnt auch die Bundesärztekammer vor sogenannten Konversionstherapien für Homosexuelle, wie sie in dem Papier empfohlen werden. Der Weltärztebund nennt sie “Menschenrechtsverletzungen”.

Bild: © Fotolia.com/Carlos David

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