Cox’s Bazar/Sittwe/Bremen (ots/fs) – Mehr als 100.000 Rohingya-Kinder sind in den vergangenen Jahren in Myanmar und Bangladesch in Lagern für Geflüchtete und Vertriebene zur Welt gekommen, fast drei Viertel davon im Flüchtlingslager Cox’s Bazar. Diese Kinder haben seit ihrer Geburt keinen ausreichenden Zugang zu Gesundheitsversorgung und Bildung, keine Bewegungsfreiheit und hängen fast vollständig von Hilfe ab. Save the Children warnt vor dem Heranwachsen einer verlorenen Generation und fordert eine dauerhafte politische Lösung für die muslimische Minderheit.
Die UN-Kinderrechtskonvention spricht jedem Kind auf der Welt das Recht auf Gesundheit, Bildung und Schutz zu. Die Rohingya-Kinder in den Camps haben nichts von alledem – seit Jahren. Hier wachsen vor den Augen der Weltöffentlichkeit hunderttausende Kinder heran, die keine Zukunft haben. Unfreiheit, Diskriminierung und Chancenlosigkeit bestimmen ihr bisheriges Leben.
Susanna Krüger, Vorstandsvorsitzende von Save the Children Deutschland
Die meisten der insgesamt 108.037 Kinder, die in Camps in Myanmar und im benachbarten Bangladesch geboren wurden, gehören der Rohingya-Volksgruppe an, deren gewaltsame Vertreibung aus ihren Dörfern im myanmarischen Bundesstaat Rakhine sich am 25. August 2020 zum dritten Mal jährt. Andere zählen zur Volksgruppe der Kaman.
Die Regierung und die Bevölkerung von Bangladesch haben die Rohingya großzügig aufgenommen. Aber nach drei Jahren ist noch immer keine nachhaltige Lösung für diese Flüchtlingskrise in Sicht. Die Kinder und Familien müssen die Möglichkeit bekommen, freiwillig, sicher und in Würde nach Myanmar zurückzukehren. Die Mächtigen der Welt – insbesondere diejenigen mit engen Beziehungen nach Myanmar – müssen alles tun, um eine schnelle Lösung zu unterstützen. Wir können nicht zulassen, dass die Jahre ins Land ziehen und Mädchen und Jungen ihre gesamte Kindheit in Gefangenschaft verbringen müssen.
Onno van Manen, Länderdirektor von Save the Children in Bangladesch

Mehr als 700.000 Rohingya waren seit August 2017 vor der brutalen Gewalt nach Bangladesch geflohen, laut UNO handelte es sich bei dieser gewaltsamen Vertreibung um ethnische Säuberung. Im Flüchtlingslager von Cox’s Bazar leben aktuell schätzungsweise 75.971 Rohingya-Kinder unter drei Jahren (Stand 31. Mai 2020), das entspricht neun Prozent der Bewohner. Eines von ihnen ist Rajiya*, ein 2019 geborenes Mädchen, das der Fotograf Dominic Nahr für das Fotoprojekt “Ich lebe” zum 100-jährigen Jubiläum von Save the Children porträtiert hat (weitere Informationen unten).
Im Bundesstaat Rakhine in Myanmar flohen bereits seit 2012 zehntausende Rohingya und Kaman vor ethnisch motivierter Gewalt gegen die beiden muslimischen Minderheiten. Im Zentrum von Rakhine lebten im Dezember 2019 insgesamt schätzungsweise 32.066 Kinder unter sieben Jahren in 21 Vertriebenenlagern. Das ist ein Viertel der Gesamtzahl der Binnenvertriebenen.
Mehr als 30.000 Kinder in den Lagern von Rakhine kennen kein anderes Leben, keine Möglichkeit, die Welt draußen zu erkunden oder ihre Städte und Dörfer zu besuchen. Kein Kind sollte in einem geschlossenen Lager geboren werden, abgeschottet von Kindern anderer ethnischer oder religiöser Gemeinschaften. Wir müssen verhindern, dass eine ganze Generation von Kindern in erzwungener Segregation aufwächst, denn das führt zu noch mehr Spaltung. (…) Fast drei Jahrzehnte, nachdem Myanmar die UN-Konvention über die Rechte des Kindes ratifiziert hat, muss das Land sein Versprechen einlösen, die Rechte aller Kinder zu garantieren. Langfristige Lösungen müssen dringend umgesetzt werden, um Bewegungsfreiheit, Staatsbürgerschaft und andere Grundrechte für Rohingya-Kinder und ihre Familien zu gewährleisten.
Mark Pierce, Länderdirektor von Save the Children für Myanmar, Sri Lanka und Thailand
In Unfreiheit geboren: Drei Beispiele
Rajiya*

Rajiya* wurde 2019 im Flüchtlingslager von Cox’s Bazar in der Mutter-Kind-Station von Save the Children geboren. Der Fotoreporter Dominic Nahr fotografierte das Mädchen, als es 15 Tage alt war. Rajiyas* Mutter Jannat* war im August 2017 aus Myanmar nach Bangladesch geflohen. Im Lager lernte sie einen Mann kennen, heiratete ihn, wurde schwanger, doch der Vater von Rajiya* verließ Jannat* kurz darauf für eine andere Frau. Die junge Mutter ist allein und verzweifelt. Sie sagt: “Das Leben in Myanmar ist für uns voller Leid. Es gibt für uns keine Gerechtigkeit, kein Gesetz, nichts.”
Runa*

Die dreijährige Runa* kam während der beschwerlichen Flucht ihrer Mutter über die Grenze zwischen Myanmar und Bangladesch auf die Welt. Runa* leidet an chronischer Unterernährung. “Ich mache mir Sorgen um die Ausbildung meiner Kinder, ihre Zukunft, ihr Verhalten”, sagte Runas Mutter Hamida* zu Save the Children. “Ich kann ihnen nicht geben, worum sie bitten, da wir kein Geld haben. Wir können ihre Träume nicht erfüllen. Wir können sie nicht lieben und uns nicht richtig um sie kümmern. Deshalb bin ich sehr traurig. Ich kann sie nicht mit gutem Essen versorgen. Wenn sie um etwas bitten, kann ich es ihnen nicht geben.”
Khadija*
Khadija* hat sieben Kinder, von denen zwei geboren wurden, nachdem sie vor der Gewalt gegen die Rohingya in Rakhine 2012 in ein Lager für Binnenvertriebene floh. “Ich habe Kinder, um die ich mich kümmern muss. Ich muss sie ernähren, sie zur Schule schicken, also muss ich irgendwie zurechtkommen”, sagte sie zu Save the Children. “Wir haben viel gelitten, nachdem wir hierherkamen. Wir konnten nicht essen, schlafen oder unseren Kindern Medikamente geben. Sie haben Häuser niedergebrannt und einige Menschen auf dem Markt lebendig verbrannt. Wir hatten nicht erwartet, mit unseren Kindern lebend davonzukommen.”
* = Namen zum Schutz der Betroffenen geändert.
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