Ein Kommentar von Frank Schurgast
Berlin/Bremen (fs) – Das Berliner Verwaltungsgericht hat es heute getan: Das Verbot der für den morgigen 29. August geplanten Groß-Demo der vor allem rechten Coronamaßnahmen-Gegner wurde aufgehoben. Die dubiose Veranstalter-Initiative Querdenken 711 aus Stuttgart hatte somit Erfolg mit ihrem Widerspruch gegen die Verbotsverfügung der Berliner Polizei. Das Land Berlin kann nun die Entscheidung des Gerichts vom Oberverwaltungsgericht überprüfen lassen. Doch die Querdenker kündigten bereits an, im Zweifel noch bis zu Demo-Beginn vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen.
Das Urteil ist nachzulesen in einem ganze zwölfseitigen Beschluss des Verwaltungsgerichts. Und es ist nicht nur eine ganz persönliche herbe Niederlage für den Innensenator Andreas Geisel (SPD), sondern auch für die Berliner Behörden. Innensenator und Polizei argumentierten mit dem wichtigsten Grundsatz nach der Querdenken-Demo vom 1. August diesen Jahres: Bei dem zu erwartenen Klientel seien keine Infektionsschutzmaßnahmen zu erwarten und schon gar nicht durchsetzbar.
Nun sollte man davon ausgehen dürfen, dass sich ein Verwaltungsgericht durchaus in der Lage sehen sollte, sich bereits vor und vor allem auch während der Verhandlung zu einer Causa auch mit dieser intensiv zu befassen. Eine gute Vorbereitung ist immer noch besser als ein lausiges und sich fern des allgemeinen Verständnisses bewegendes Urteil. Denn dieses ist die Aufhebung des Demo-Verbotes auf jeden Fall. Das Verwaltungsgericht kam zu dem Schluss, dass die Gefahrenprognose nicht konkret genug sei um ein Verbot zu begründen. Da fragt man sich am Ende, wo waren die richtenden Personen am 1. August, dass sich nicht zumindest die Berichterstattung hierzu verfolgen konnten. Darüber hinaus stellt, dass Gericht auch fest, dass eine Maskenpflicht im öffentlichen Raum gar nicht zwingend gegeben ist, was prinzipiell richtig ist, wenn ich eine angemeldete Demo nicht als solche und auch nicht als Veranstaltung sehen will.
Nun wird schnell damit argumentiert, dass ja aber die Demo und die anschließende Kundgebung nur unter hohen Sicherheitsauflagen stattfinden darf. Allerdings scheinen die Richter eine andere Vorstellung von der Definition “hoch” zu haben wie viele andere Menschen. Die Auflagen beschränken sich mehr oder minder nur darauf, dass die Veranstalter vor der Bühne “Gitter zur Vermeidung einer Personenballung aufstellen” müssen und mittels “beständig wiederholter Durchsagen und unter Einsatz seiner Ordner sicherstellen”, dass alle Teilnehmer die Mindestabstände einhalten. Also die Drecksarbeit bleibt am Ende wieder an der Berliner Polizei hängen, von der man eh nicht so recht weiß, in wie weit dort wer der rechten Szene nahesteht.
Andreas Geisel ist nun der große Verlierer. Nicht weil er sich gegen eine unsinnige und in größten Teilen rechtsextremistische Demo stellen wollte, die weitestgehend als Grundsatz hat, dem Staat, den Grundrechten und unserer Demokratie schaden zu wollen und auch nicht weil er sich ernsthafte Sorgen um die Gesundheit der teilnehmenden Menschen aufgrund des zu erwartenden unverantwortlichen Verhaltens der Demo-Teilnehmer auf Basis der zurückliegenden Demo vom 1. August macht. Auch nicht, weil er seinem Gewissen gefolgt ist, eine bei Politikern eher selten anzutreffende Eigenschaft. Geisel ist durch viele Medien am selben Tag noch, als das Verbot bekannt wurde, durch übereifrige Kommentatoren zum großen Verlierer erklärt worden. Da wurde mit der Meinungsfreiheit und dem recht auf Demonstrationen nur so um sich geschlagen. Und das gerade auch von den Medien, die bislang sich doch recht gut darin taten die Corona-Maßnahmen auch wirklich argumentativ zu rechtfertigen und sich als guter Begleiter in der Corona-Zeit zeigten.
Jetzt aber ging es um die Toleranz der Bundeshauptstadt Berlin, wie frei sich doch immer die Menschen in der Metropole fühlen konnten und überhaupt bietet nun auf einmal jedes Kaffeekränzchen bei Oma Erna doch mehr politische Meinungsfreiheit als die Hauptstadt. Die Demo wäre zwar ärgerlich, aber was soll es. Und was ist überhaupt mit den zumeist rechtsextremistischen Initiatoren? Und warum fehlt hier die entsprechende mediale Umsicht. Eine Hauptstadt-Zeitung sprach gar von einigen Rechtsextremisten und der AfD. Hallo? Bislang wurde immer zurecht berichtet, wie sehr die AfD doch nun von Rechtsextremisten durchdrungen sei. Nun aber, wenn es um die Hauptstadt-Toleranz für eine Demo von rechtsextremistischen Querdenkern geht, gilt anscheinend die AfD als en vogue in der Berliner Medienlandschaft.
Am Ende ging es nicht um die Frage der Versammlungs- oder Meinungsfreiheit, sondern darum, dass man Menschen von der Straße halten wollte, die diese Demokratie, unser höchstes Gut, sowieso nur mit Füßen treten und dafür auch in Kauf nehmen, die Gesundheit vieler fahrlässig zu gefährden.
So wurde nun der Verlierer Geisel über zwei Tage aufgebaut und genauso hat ihn dann heute sicherlich das Berliner Verwaltungsgericht wahrgenommen. Übrigens eine beliebte Taktik der Medien in den USA um Geschworene zu beeinflussen, wenn die “Volksseele” bestimmte Urteile erwartet.
Was man aber kaum noch in den Medien gefunden hat, war die kritische Auseinandersetzung mit den sogenannten Querdenkern, die man allesamt auch als grundsätzlich, fahrlässige Menschen beschreiben kann, deren Gesinnung von äußerst Rechtsextrem bis äußerst Linksextrem geht und denen nur an eines gelegen ist, die Kontaminierung der Gesellschaft mit Hass auf das demokratische Staatswesen unseres Landes. Denn in Wirklichkeit geht es nicht um Corona. Es geht um – überwiegend rechte – Umsturzphantasien, die anscheinend auch immer häufiger gerne von der linksextremistischen Seite übernommen werden. Nicht der NPD, nicht der AfD, noch sonst einem Rechtsextremisten geht es um des Volkswohl. Unterstützt werden sie dabei von vielen Verschwörungstheoretikern, wie abgehalfterten Sängern oder Köchen. Hinzu kommen tausende von dummbatzigen Aluhutträgern und Menschen, denen einfach nicht bewußt sein will, mit wem sie dort, nein, für wen sie dort am morgigen Samstag marschieren werden. Eines sei aber denen gesagt: Wer mit Rechtsextremisten auf die Straße geht ist selber ein Rechtsextremist. Ohne wenn und aber.
In diesem Wissen wäre es ansehnlich gewesen, wenn vor allem die Hauptstadt-Medien Geisel ihre Unterstützung gegeben hätten. Und diese hätte der Innensenator in den letzten Tagen wahrlich nötig gehabt. So aber haben wir eine angeschlagene Innenbehörde, rund 3000 bis 4000 Polizeibeamte aus ganz Deutschland die morgen die Drecksarbeit erledigen dürfen und vor allem viele tausend Jubelnde, die dieses Land und seine Gesellschaft wieder an der Nase herum geführt haben.
Und dann sehen wir ab Samstag Abend endlich wieder folgendes: Die sich empörenden und nach Geschichten rund um die Demo geifernden Medien. Und am Ende liebe Kollegen müßt ihr euch dann fragen lassen, wo eigentlich diesmal im System der Fehler lag. Und wenn ihr wirklich objektiv seit, dann werdet ihr merken, die Fehlerquelle ist diesmal gar nicht so weit weg von euch.
Über den Autor
Teilen mit:
- Klick, um über Twitter zu teilen (Wird in neuem Fenster geöffnet)
- Klick, um auf Facebook zu teilen (Wird in neuem Fenster geöffnet)
- Klick, um auf LinkedIn zu teilen (Wird in neuem Fenster geöffnet)
- Klick, um auf Reddit zu teilen (Wird in neuem Fenster geöffnet)
- Klick, um auf Tumblr zu teilen (Wird in neuem Fenster geöffnet)
- Klick, um auf Pinterest zu teilen (Wird in neuem Fenster geöffnet)
- Klick, um auf Pocket zu teilen (Wird in neuem Fenster geöffnet)
- Klicken, um auf Telegram zu teilen (Wird in neuem Fenster geöffnet)
- Klicken, um in Skype zu teilen (Wird in neuem Fenster geöffnet)
- Klicken, um auf WhatsApp zu teilen (Wird in neuem Fenster geöffnet)
- Klicken zum Ausdrucken (Wird in neuem Fenster geöffnet)