Rassismus? Mädchen mit Zöpfen nicht dem Jugendamt melden

Berlin (ots) – In einem Facebook-Post informiert ein Kinderarzt die Eltern seiner Patienten darüber, dass er sich angeblichen Empfehlungen und Vorgaben von Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) widersetze. Er werde sie nicht dem Jugendamt melden, wenn ihre Töchter Kleider und Zöpfe tragen und die Söhne «stark körperlich gefordert» werden. Zudem werde er die Eltern weiter als Mutter und Vater ansprechen und nicht als Elternteil 1 und 2.

Bewertung durch dpa

Überwiegend falsch. Franziska Giffey hat nicht gefordert oder empfohlen, Kinder mit diesen Merkmalen dem Jugendamt zu melden. Die Anrede als Elternteil 1 und 2 in Formularen ist eine Empfehlung des Familienministeriums für Lehrer.

Fakten

In dem Post wird von Mädchen gesprochen, die «Kleider und Zöpfe» tragen und «zu Haus- und Handarbeiten angeleitet» werden. Zudem geht es um Jungen, die «stark körperlich gefordert» werden. Diese Textstellen spielen möglicherweise auf eine Handreichung der Amadeu Antonio Stiftung aus dem Herbst 2018 an, über die damals in vielen Medien berichtet wurde.

Die Handreichung wurde vom Bundesministerium für Familie gefördert. Ministerin Giffey schrieb ein Geleitwort. Eine Empfehlung oder eine Vorgabe Eltern, deren Kinder diese Merkmale aufweisen, beim Jugendamt zu melden, findet sich weder darin noch im restlichen Text. Das Wort Jugendamt kommt in der gesamten Handreichung nicht vor. Auch ähnliche Forderungen der Bundesministerin sind nicht bekannt.

Nach Angaben der Stiftung geht es in der Broschüre um Ideen für den Umgang mit Rechtsextremismus, Rechtspopulismus und Rassismus im Kita-Kontext. Die oben genannten Beschreibungen der Kinder seien aus einem konkreten Fallbeispiel, bei dem es um Eltern geht, die bekanntermaßen einer rechtsextremen Kameradschaft angehören. Es solle nicht ausgesagt werden, dass man eine rechtsextreme Familie an diesen Merkmalen erkenne.

Die in der Handreichung empfohlene Strategie für den Umgang mit den betreffenden Eltern sei eine Einladung zu einem Gespräch. Nicht, ihnen die Kinder wegzunehmen, sie beim Verfassungsschutz zu melden oder sie wegen Kindeswohlgefährdung anzuzeigen. (siehe Archiv)

Eltern in Formularen als «Elternteil 1 und 2» statt als Mutter und Vater anzusprechen, ist eine Empfehlung des Bundesfamilienministeriums für Lehrer. Gefordert wird dies von den Lehrkräften nicht. Auf der Internetseite Regenbogenportal.de bietet das Ministerium unter anderem Tipps für Lehrer, sexuelle Vielfalt in der Schule anzuerkennen und zu unterstützen. Vorurteilen gegen Lesben, Schwule und Bisexuelle soll so nach Angaben des Ministeriums entgegengewirkt werden. (siehe Archiv)

Über den Autor

Kommentar verfassen

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.