Sergei Polunin und die Homophobie

Der russische Balletttänzer Sergei Polunin gilt als der bekannteste Ballettänzer unserer Zeit. Und er ist eine sehr streitbare Figur. Deswegen hat ihn etwa die Pariser Oper als Tänzer ausgeladen. In München dagegen wird er tanzen. Die Verantwortlichen verteidigen das und teilen mit, dass sie erst mit Polunin persönlich sprechen wollen.

Die Pariser Oper hat Sergei Polunin soeben wegen homophober Äußerungen ausgeladen. Polunin hatte sich auf Instagram wiederholt über die “unmännlichen” Verhaltensweisen homosexueller Kollegen mokiert. Seit Wochen streiten zudem die Verehrer seiner Kunst darüber, was vom Putin-Tattoo auf seiner Brust zu halten ist, das er stolz getwittert hat, oder ob etwa Polunins Account gehackt worden sein könnte.

In München wird er an diesem Wochenende in der Oper tanzen; zudem ist er als Gastredner bei der Konferenz “Digital-Life-Design” angekündigt. Ukrainische Aktivisten haben bereits protestiert. Polunin, der selbst in der Ukraine geboren ist, sei bei der “sehr starken ukrainischen Gemeinde”, die es in München gebe, “mit seinen strikt pro-russischen Positionen nicht willkommen”, heißt es in einem Schreiben an die Süddeutsche Zeitung.

Mit der Kritik sehen sich nun auch die Verantwortlichen der Oper konfrontiert: Igor Zelensky, der Direktor des Bayerischen Staatsballetts, und Nikolaus Bachler, der Intendant der Bayerischen Staatsoper, haben sich unterdessen die Entscheidung, Polunin wie vereinbart in “Raymonda” auftreten zu lassen, offenbar nicht leicht gemacht. In einer gemeinsamen Stellungnahme betonen sie die Komplexität der Angelegenheit, und dass “es uns langfristig nicht weiterbringt, sie zu vereinfachen”. Das Tempo und die starke Präsenz der sozialen Medien beträfen auch ihr Metier “ganz neu”.

Zu den Fragen, die man beantworten müsste, gehörten: “Wo ist die Grenze zwischen öffentlich und privat? Wie und warum beurteilt eine Institution die Meinung eines Künstlers? Ab wann ist eine Meinung gefährlich, was ist gar strafbar?” Um diese Punkte zu klären, brauche man Zeit, schreiben die beiden, “weil wir kein autokratisches System fahren, indem ein Einzelner bestimmt, was zu tun ist”. Einige Punkte sind Bachler und Zelensky bereits klar: “Wir wollen Polunin nicht voreilig stigmatisieren. Wir distanzieren uns aber deutlich von allen Inhalten diskriminierenden Charakters.” Erst nach einem persönlichen Gespräch mit Polunin in München werde man weiter entscheiden.

Bild: Olivier + / https://www.flickr.com/photos/15667280@N00/

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