Von Christine Schröpf
Regensburg/Bremen (ots/fs) – Welch zersetzende Folgen eine miserable Debattenkultur für die Demokratie hat, zeigt das Beispiel USA. Dort wird nun mit Donald Trump ein demokratisch abgewählter Präsident aus dem Amt befördert, der das Gesprächsniveau unzählige Male ins Unterirdische abgesenkt hat. Er ist weltweit zum Vorbild für jene geworden, die auf das Abwägen von Argumenten, auf Logik oder schlichten Anstand keinen Pfifferling geben. Ähnlich Gestrickte, die sich früher dafür wenigstens innerlich ein wenig geschämt haben, zeigen sich jetzt selbstbewusst: Das “Oberhaupt” der westlichen Welt hat die Methode ja bis zur letzten Sekunde vorexerziert, bockig die Lüge vom vermeintlich gestohlenen Wahlsieg wiederholt.
Trumps Zeit im Weißen Haus geht zum Glück zu Ende: Sein giftiges Erbe aber wirkt nach.
Es bestärkt jenen Teil der Menschen auch in Deutschland, die echte Debatten unerbittlich torpedieren, in dem sie serienmäßig produzieren, was sie anderen ankreiden: Fake News. Das “Vorbild” Trump entlässt die Nachahmer nicht aus der Verantwortung. Schon gar nicht diejenigen, die keiner Trumpschen Kapriolen bedürfen, um von sich aus vogelwild unterwegs zu sein. Das Ziel ist immer: Spalten, Unruhe schüren, das demokratische Ringen um bestmögliche Ergebnisse blockieren. Meinungsfreiheit wird allein für sich selbst reklamiert. Das Recht der anderen gilt, solange sie die eigene Meinung teilen. Sonst ist das Gegenüber schlecht, irregeleitet, ein braver Lemming des Systems. So schlicht lebt es sich in einer Welt aus Schwarz und Weiß.
Ein zu hartes Urteil über die großen und kleinen Trumps? Nein. Meinungsstreit darf deutlich in der Sache sein. Die Grenze beginnt dort, wo nicht mehr auf Basis belegbarer Fakten argumentiert und nicht anerkannt wird, dass eben diese Fakten von unterschiedlichen Menschen mit Fug und Recht unterschiedlich interpretiert werden können. Die rote Linie ist überschritten, wenn das Gegenüber beleidigt, beschimpft, verleumdet und bedroht wird. Wohin so etwas schlussendlich führt, haben Trumps “special people” beim Erstürmen des Kapitols demonstriert – ohne Unrechtsgefühle den “speziellen” Moment auch noch mit dem eigenen Smartphone dokumentierend.
Alles weit weg? In Deutschland sind Querdenker gegen Reichtstagstüren angerannt. AfD-Abgeordnete schleusten bei anderer Gelegenheit Protagonisten ganz offiziell ins Parlament. Die Corona-Krise hat die Lage verschärft. Existenznot und Verzweiflung machen selbst die Mehrheit der Vernünftigen zeitweise kirre. Sie sind mit Trumpisten aller Couleur aber in keiner Weise gleichzusetzen. Das gilt für viele Branchen, denen Corona die Geschäfte lahm gelegt hat.
In Regensburg demonstrierte jetzt zornig eine Berufsgruppe, die bisher wenig im Fokus stand: Friseure, die nicht mehr wissen, wovon sie ihre Miete zahlen können. Der Hilfeschrei ist legitim. Es geht um hochberechtigte Fragen, zum Beispiel zu Hilfsgeldern, die viel zu schleppend ausgezahlt werden. Um all das muss gerungen werden, sofern als Nenner gilt, dass die stärksten Argumente zählen und der jeweils andere grundsätzlich nichts Böses im Schilde führt – anders als es die Minderheit der Corona-Leugner behauptet, die selbst noch kein einziges Problem gelöst hat.
Regierung in Land und Bund arbeiten auf einer Unzahl von Corona-Baustellen an Lösungen. Sie brauchen Widerspruch, der Schwachstellen benennt. Es ist deshalb fatal, dass derzeit gerade bei den Falschen der Eindruck grassiert, man dürfe nicht alles sagen und Kritik immer öfter mit den Worten “ich bin ja kein Verschwörungstheoretiker, aber…” eingeleitet wird.
Es ist eine Zurückhaltung, die man sich nur von den Trumpisten dieser Welt erwünschen würde.
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