München/Köln/Bremen (fs) – Nachweislich seit 1700 Jahren (321: Edikt Kaiser Konstantins) gibt es Zeugnisse von jüdischer Geschichte und Kultur auf dem Gebiet der heutigen Bundesrepublik. 2021 bietet daher Anlass, bundesweit viele Veranstaltungen auszurichten, die an diese gemeinsame Geschichte erinnern. Mittlerweile leben über 200.000 Jüdinnen und Juden wieder hier im Land. Ihr vielfältiges Leben und Engagement für die Gesellschaft, ihre aktuellen Lebenssituationen und Schwierigkeiten sind Thema von Dokumentationen und Reportagen im Ersten.
Volker Herres, Programmdirektor Erstes Deutsches Fernsehen
Jüdisches Leben in unserem Land als normal und selbstverständlich wahrzunehmen, bedeutet auch, an das Geschehene zu erinnern. Beides bedingt sich, um einen neuen, unverstellten Blick auf die Existenz der jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger in unserem Land werfen zu können. Zu zeigen, wie modern und vielfältig diese Wirklichkeit und dieses Miteinander bereits ist, ist ein wichtiger Schritt, Ressentiments entgegenzuwirken. Nur wer seinen Nachbarn kennenlernt, lernt ihn zu schätzen.
Dr. Reinhard Scolik, ARD- Koordinator für kirchliche und religiöse Sendungen
In diesem besonderen Jahr ist es uns ein großes Anliegen, in unseren Berichten und Filmen zu zeigen, welchen Beitrag Jüdinnen und Juden in Kultur, Wissenschaft und Politik geleistet und wie sehr sie dieses Land mitgeprägt haben. Damit wollen wir auch ein Zeichen setzen für Vielfalt und Toleranz.
neuneinhalb – Deine Reporter
Sa., 20.02.21 | 08:15 Uhr | Das Erste
Schalom, Schabbat und Showtime – Tahlia und Yoel zeigen ihre Welt
Bei “neuneinhalb” heißt es am 20. Februar 2021 um 8:15 Uhr im Ersten: Hallo und Schalom! Rund 150.000 jüdische Menschen gibt es in Deutschland und Reporterin Gesa kennt … keinen einzigen persönlich. Das ändert sich heute! Denn sie trifft Thalia und ihren Bruder Yoel.

Die beiden sind jüdisch und zeigen Gesa, was das für sie heißt. Gesa darf mit Thalia, Yoel und ihrer Gemeinde Tu Bischwat feiern, ein jüdisches Fest. Außerdem zeigt Thalia Gesa, wie sie vor über tausend Menschen bei einem riesigen Event getanzt hat.
Wie wichtig jüdische Regeln in Thalias und Yoels Familie sind? Wann ihnen ihr Glauben Kraft gibt? Und warum sie sich manchmal mehr Freiheit wünschen? Das erfährst du in dieser Folge von neuneinhalb.
“Wir sind jüdische Deutsche”
So., 21.02.21 | 15:45 Uhr | Das Erste
“Es war wie ein eigenes Ghetto, in dem wir alle jiddisch miteinander sprachen und unter uns waren”, erinnern sich die Brüder Fiszel und Simon Ajnwojner, wenn sie von ihrer Kindheit im Frankfurter Ostend erzählen. Dort fand die Familie, die zuvor im DP-Lager Föhrenwald in Bayern untergebracht war, ein neues Zuhause.
Jüdisches Leben in der Nachkriegszeit: Das war geprägt durch Familien, die im Holocaust unermessliche Einschnitte und Verluste erlitten hatten. Von Eltern, deren Ängste und deren Schweigen auch die nächste Generation prägten. So erinnert sich Dieter Graumann: Als er in die Schule kommt, nehmen ihn die Eltern beiseite: “David, ab heute heißt du Dieter.” Sie haben das KZ überlebt und wollen nicht, dass ihr Sohn schon an seinem Namen als Jude erkennbar ist. Denn auch im Nachkriegsdeutschland ist der Antisemitismus noch präsent.



Heute begegnen wir jungen Jüdinnen und Juden, für die das Nachkriegsdeutschland lange her ist. Sie sehen sich ganz selbstverständlich zugehörig zu Deutschland mit seiner multikulturellen Gesellschaft. Wie etwa James und David Ardinast, die mehrere Restaurants mit internationaler Küche in Frankfurt am Main betreiben.
Der Film schlägt den Bogen von den kleinen, überwiegend orthodoxen Nachkriegsgemeinden bis heute: Über die Beschränkungen jüdischen Lebens in der DDR, die Zuwanderung der sogenannten Kontingentflüchtlinge ab 1990 und die Neuentwicklung des liberalen Judentums, das an deutsche Traditionen vor der Shoa anknüpft. In Frankfurt, Leipzig und Berlin begegnet die Filmemacherin Andrea Roth Männern und Frauen, die eines eint: Sie legen Wert darauf, nicht als Opfer gesehen zu werden. Sie sind Handelnde, geprägt von ihren Familiengeschichten, aber selbstbewusst und sehr unterschiedlich.
1700 Jahre – Festakt zum jüdischen Leben
So., 21.02.21 | 16:30 Uhr | Das Erste
Aus dem Jahr 321 stammt der erste historische Nachweis jüdischen Lebens nördlich der Alpen: Der römische Kaiser Konstantin erlässt ein Gesetz, das den Provinzstädten die Berufung von Juden in den Stadtrat gestattet – so auch in Köln.
Der Festakt, der in der Kölner Synagoge stattfindet, ist der bundesweite Auftakt zu einem besonderen Jahr: Unter dem Titel “1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland” finden im ganzen Land zahlreiche Veranstaltungen statt. Die Schirmherrschaft hat Bundespräsident Dr. Frank Walter Steinmeier übernommen, der auch zur Eröffnung sprechen wird.



Lebendigkeit jüdischen Lebens
Junge Jüdinnen und Juden erzählen von ihren Perspektiven auf jüdisches Leben in Deutschland, von ihrem Blick auf die Vergangenheit und den Erwartungen an die Zukunft. Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens betonen die Bedeutung einer gemeinsamen Zukunft – gerade in Zeiten wachsender Anfeindungen.



Zum Festakt reden auch der Vizepräsident des Zentralrats der Juden und Vorstandsmitglied der Synagogen-Gemeinde Köln Abraham Lehrer, der Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, Dr. Josef Schuster, und NRW-Ministerpräsident Armin Laschet. Die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker wird das historische jüdische Viertel zeigen, das zurzeit in der Kölner archäologischen Zone ausgegraben wird, dort entsteht das neue jüdische Museum in Köln.
Bedingt durch die Corona-Pandemie wird auf eine große Publikumsveranstaltung verzichtet.
Echtes Leben: Jung, jüdisch, weiblich – Die selbstbewusste Generation
So., 21.02.21 | 17:30 Uhr | Das Erste
“Ich möchte in keine Schublade gesteckt werden, aber das passiert gerade in Deutschland immer wieder!” Linda Rachel Sabiers ist eine meinungsstarke Frau. Jüdin, Bloggerin, Autorin. Helene lässt sich gerade zur Rabbinerin ausbilden. Rina ist angehende Grundschullehrerin, alleinerziehend und lebt in einer streng orthodoxen Gemeinde. Was bedeutet es heute, als junge Frau das Judentum in Deutschland zu leben? Dieser Frage geht “Echtes Leben” gemeinsam mit drei Frauen nach.



“Wenn ich erzähle, dass ich mich zur Rabbinerin ausbilden lasse, schauen die Leute mich oft völlig ungläubig an. Ja, ich mache das, ja, ich bin eine Frau, ja, es gibt noch nicht so viele von mir.” Helene ist 23 Jahre alt und bezeichnet sich als liberale Jüdin. “Ich bin fest vom Judentum überzeugt, ich könnte mir nicht vorstellen, nicht nach den jüdischen Traditionen zu leben, aber ich engagiere mich genauso für queeres Judentum.” Besonders die Begeisterung junger Menschen für ein modernes Reformjudentum liegt Helene am Herzen: “Ich möchte jüdisches Leben in Deutschland gestalten – auch außerhalb fester Gemeindestrukturen”.
Drei Frauen, drei unterschiedliche Modelle
Wie schwer wiegt die Tradition, was bedeutet Glaube? Jede dieser Frauen lebt das Judentum anders, aber alle fühlen sich den Traditionen verpflichtet.
“Ich bedecke ganz klar meine weiblichen Reize. Ich trage immer Röcke oder Kleider. Aber ich bin auch modisch.” Rina ist 28 Jahre alt und lebt als gläubige Jüdin in einer streng orthodoxen Gemeinde. Und das obwohl sie bereits geschieden und alleinerziehende Mutter ist. “Das war nicht einfach. Eine Scheidung ist nach wie vor eher selten im orthodoxen Judentum. Ich habe meinen Mann nur wenige Male vorher durch das Engagement meines Berliner Rabbiners kennengelernt. Wir haben dann sehr schnell geheiratet.” Die Perücke, die sie als verheiratete Jüdin damals trug, liegt immer noch in ihrem Schrank. “Ich werde wieder Perücke tragen, wenn ich noch Mal heirate, und das habe ich fest vor.”
Der Wunsch, besser verstanden zu werden
Linda Sabiers wurde bekannt durch ihre Kolumne über jüdisches Leben im Magazin der Süddeutschen Zeitung. “Klar habe ich mich gefragt: Soll ich das machen? Ich will ja nicht immer die Rolle der Dauerjüdin spielen, aber andererseits kann ich ja auch nur mit Vorurteilen aufräumen, wenn ich mich selbst beteilige.” Die 36-Jährige hat einen Schweizer geheiratet, den sie über Tinder kennengelernt hat. Beide haben eine klare Absprache: “Mein Mann Noa durfte die Einrichtung der Wohnung übernehmen, dafür muss er mit mir die jüdische Tradition leben. Freitags ist Shabbat und das genieße ich auch.” Der kleine “Regelverstoß”, einen Nichtjuden zu heiraten, hat in Lindas Familie bereits Tradition. Auch ihr Vater ist nicht-jüdisch, lebt aber, seit er mit ihrer Mutter verheiratet ist, zu Hause nach jüdischem Brauch. “Da haben die Frauen tatsächlich klar die Macht. Du wirst nur Jude, wenn deine Mutter jüdisch ist. Ansonsten ist es aber so, dass ich die Rolle der Frau im orthodoxen Judentum immer noch problematisch finde. Aber ich würde nicht darüber urteilen. Das muss jede selbst wissen.” Ein Lieblingsthema mit ihrer besten Freundin Deborah Feldman, die durch ihre Flucht aus der ultraorthodoxen Gemeinde in New York und ihrem Buch “Unorthodox” weltberühmt wurde.
Drei Frauen, drei unterschiedliche Modelle, den jüdischen Glauben und die Tradition zu leben. Sie alle spiegeln die junge Generation von Jüdinnen, die selbstbestimmt ihren Weg geht. Alle eint der Wunsch, besser verstanden zu werden, alle eint die Befürchtung, dass die gesellschaftlichen Anfeindungen eher zu als abnehmen.
Ein Film von Nicola Graef und Lena Scheidgen.
Eröffnungsfeier zur “Woche der Brüderlichkeit 2021”
So., 07.03.21 | 23:35 Uhr | Das Erste






Mit einem Festakt beginnt jedes Jahr im März die „Woche der Brüderlichkeit“. In zahlreichen Veranstaltungen der folgenden Monate geht es um die Verständigung zwischen Christen und Juden, um den Kampf gegen Antisemitismus und das friedliche Zusammenleben der Religionen. Teil der Eröffnungsfeier ist seit 1968 die Verleihung der Buber-Rosenzweig-Medaille durch den Deutschen Koordinierungsrat der Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit (DKR). Die Medaille wird in Erinnerung an die jüdischen Philosophen Martin Buber und Franz Rosenzweig verliehen.
Die Buber-Rosenzweig-Medaille 2021 erhält der Regisseur Christian Stückl. Mit Stückl wird ein Theatermacher ausgezeichnet, der in besonderer Weise auch das Jahresthema des Deutschen Koordinierungsrats für 2021 sowie das Leitthema der „Woche der Brüderlichkeit“ reflektiert. Es lautet: „… zu Eurem Gedächtnis: Visual History“ und soll die Bedeutung visueller Medien für die Erinnerung- und Gedenkkultur betonen. Die Laudatio auf den Preisträger hält Kardinal Reinhard Marx. Weitere Redner sind u.a. der Ministerpräsident von Baden-Württemberg Winfried Kretschmann. Die Stuttgarter Philharmoniker gestalten den musikalischen Rahmen. Evelyn König wird die Veranstaltung moderieren. Die Feier wird erstmals ohne Publikum stattfinden und live im Internet gestreamt.
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