Vor 150 Jahren, am 5. Mai 1869, wurde der Komponist und Dirigent Hans Pfitzner geboren. Die Auseinandersetzung mit ihm ist schwierig, denn er ist nicht nur Komponist von Meisterwerken wie der Oper “Palestrina”, sondern auch Autor der Schriften “Futuristengefahr”, “Die neue Ästhetik der musikalischen Impotenz” oder der “Glosse zum II. Weltkrieg”. Diese Polemiken brachten ihm den Ruf eines überzeugten Nazis ein. Wie antisemitisch war Hans Pfitzner?
Die Geschichte des “deutschesten” aller Komponisten beginnt in Russland: Am 5. Mai 1869 wird Hans Pfitzner in Moskau geboren. Sein Vater ist dort als Violinist an der Oper engagiert, später zieht die Familie nach Frankfurt. Hans Pfitzner studiert Komposition, arbeitet in Berlin und Straßburg. Sein großer Durchbruch kommt 1917: die Oper “Palestrina” über den gleichnamigen Komponisten, uraufgeführt unter Bruno Walter in München. Der “Hans Pfitzner-Verein für deutsche Tonkunst” wird 1918 gegründet. Pfitzner wird zu einem der bekanntesten Komponisten Deutschlands. Besonders München feiert ihn ausgiebig, wie die großen Feierlichkeiten zu seinem 60. Geburtstag zeigen.
PFITZNERS VERSTÄNDNIS DES JUDENTUMS
Schon zur Zeit der Weimarer Republik äußert sich Pfitzner mit musikästhetischen Schriften. 1917 etwa mit “Futuristengefahr”, 1919 mit der Polemik “Die neue Ästhetik der musikalischen Impotenz”. Pfitzner führt dort aus, dass er den Einfall als Ursprung jeder guten Musik sieht. Diese Ästhetik sieht er durch einen “jüdisch-internationalen Geist” bedroht. “Ich sage: international-jüdisch, meine also nicht die Juden als Individuen”, schreibt Pfitzner. “Es ist ein Unterschied zwischen Jude und Judentum. Der Grenzstrich der Scheidung in Deutschland geht nicht zwischen Jude und Nichtjude, sondern zwischen deutsch-national empfindend und international empfindend. Ich selbst kenne eine ganze Anzahl Juden, und weiß indirekt von vielen anderen, die so deutsch, national und ehrenhaft empfinden, wie es nur gewünscht werden kann […] Aber das Judentum ist ein gefährliches Rätsel.”
Hier zeigt sich der sehr eigene Antisemitismus Pfitzners: Gute Freunde von ihm sind Juden, manche gehören sogar dem deutschnationalen Lager an, etwa Paul Nikolaus Cossmann, der Herausgeber der “Süddeutschen Monatshefte”. Um seine Welt beisammen zu halten, löst Pfitzner diese Juden in seiner Vorstellung vom Judentum. Denn das steht bei ihm für alles Schlechte: die ästhetische Moderne, die Atonalität, der Versailler “Schand”-Vertrag am Ende des Ersten Weltkrieges, den Kommunismus, das internationale Denken überhaupt.
Bild: Lothar von Seebach creator QS:P170,Q3260017, Hans Pfitzner par Lothar von Seebach (1), Ausschnittvergrößerung von Frank Schurgast, CC BY-SA 4.0
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