Bald wird es keine Zeitzeugen mehr geben

Immer weniger Zeitzeugen können von den NS-Verbrechen berichten. Außenminister Maas fordert daher neue Ansätze des Erinnerns. Kanzlerin Merkel warnte, Antisemitismus sei nach wie vor eine Gefahr in der Gesellschaft.

Anlässlich des Holocaust-Gedenktages hat Bundesaußenminister Heiko Maas für neue Ansätze geworben, um sich mit den Verbrechen zur Zeit des Nationalsozialismus auseinanderzusetzen. In einem Gastbeitrag für die “Welt am Sonntag” betonte der SPD-Politiker, dass der Zeitpunkt näher rücke, an dem Zeitzeugen nicht mehr vom NS-Unrecht berichten könnten.

Orte des Erinnerns und des Lernens

Darum sei es wichtig, dass “unsere Gedenkkultur” sich daran anpasst, forderte Maas: “Was wir jetzt brauchen, sind neue Ansätze, um historische Erfahrungen für die Gegenwart zu nutzen. Unsere Geschichte muss von einem Erinnerungs- noch stärker zu einem Erkenntnisprojekt werden.” Orte des Erinnerns müssten gleichzeitig Orte des Lernens werden, denn:

Wer heute geboren ist, für den ist etwa die Pogromnacht zeitlich genauso weit entfernt wie bei meiner Geburt ein Reichskanzler Bismarck. Das verändert das Gedenken, schafft mehr Distanz.

Bundesaußenminister Heiko Maas

“Unsere Erinnerungskultur bröckelt”, warnte Maas weiter, sie stehe “unter Druck von extremen Rechten”. Umso gefährlicher sei das Unwissen gerade der jungen Deutschen, das eine CNN-Erhebung offenbart habe:

40 Prozent wissen nach eigener Einschätzung kaum etwas über den Holocaust. Das sind schockierende Zahlen, die wir nicht tatenlos hinnehmen dürfen. Wir müssen die Geschichten der Menschen bewahren, die aus eigenem Erleben von dem Unfassbaren berichten können.

Bundesaußenminister Heiko Maas

Die CNN-Umfrage zu Antisemitismus in Europa (englisch) | cnn.com

Mit Blick auf die Digitalisierung schreibt Maas, was einst am Stammtisch geraunt worden sei, “wird nun mit einem Klick für alle Welt öffentlich”. Hass könne sich schneller verbreiten und in Hetze und schlimmstenfalls Gewalt münden.

Berlin-Schöneberg gedenkt jüdischen Holocaust-Opfern ihres Stadtviertels / © tagesschau.de

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