Als Sohn einer jüdischen Mutter wurde Jesus beschnitten. Jahrhundertelang hat ein Fest im katholischen Kalender daran erinnert. Die Kirche sollte es wiederbeleben.
Der Antisemitismus nimmt wieder zu. Gewiss, in den Hinterzimmern der extremen Rechten waren judenfeindliche Überzeugungen nie ganz verstummt. Aber seit kurzem werden auch in der politischen Linken Stimmen lauter, die unter dem Mantel des Antizionismus und der Kritik am Staat Israel antisemitische Ideen verbreiten. Hinzu kommen neue Formen eines islamischen Antisemitismus – ein Problem, das durch Migranten aus dem arabischen Raum nicht geringer geworden ist.
Die katholische Kirche, die jahrhundertelang selbst antijüdische Denkweisen gefördert hat, sollte dazu nicht schweigen. Sie hat aus dem Schrecken der Shoah gelernt und ihr Verhältnis zum Judentum nach dem II. Vatikanischen Konzil auf eine neue Grundlage gestellt. Sie sucht seitdem nicht nur das Gespräch mit den «älteren Brüdern im Glauben», sondern ist auch bestrebt, Schulter an Schulter tragfähige Allianzen zu bilden. Das Postulat der Erinnerungssolidarität mit den jüdischen Opfern, das der Theologe Johann Baptist Metz wiederholt angemahnt hat, ist nur dann glaubwürdig, wenn sich die Kirche praktisch für die heute bedrängten Juden einsetzt.
Zeichen des Bundes
Immer mehr Juden aber, ob gläubig oder nicht, fühlen sich mit dem Problem des zunehmenden Antisemitismus allein gelassen. Neben Solidaritätsbekundungen und Aufklärungsarbeit könnte die Kirche einen symbolischen Akt setzen, um ihrer Verbundenheit mit dem Judentum Ausdruck zu verleihen. Sie könnte ihren liturgischen Kalender ändern und ein Fest wiederbeleben, dessen Wurzeln ins 6. Jahrhundert zurückreichen und das bis 1969 am Neujahrstag gefeiert wurde: die Beschneidung des Herrn.
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