Eine EU-Studie zeigt, dass Juden sich wieder vermehrt vor Diskriminierung und Übergriffen fürchten. Gemäss Experte Daniel Gerson nehmen Vorurteile zwar ab, jedoch seien sie immer noch tief in europäischen Gesellschaften verankert.
Ein Interview von Stefan Welzel (Luzerner Zeitung)
Fast überall in Europa gewinnen rechte Parteien an Boden. Deren Lieblingsfeindbilder sind ethnische Minderheiten – aktuell Zuwanderer aus Krisengebieten in Afrika und Nahost. Durch diese Entwicklung rückt die vielleicht älteste Form der Diskriminierung auf unserem Kontinent in den Hintergrund – der Antisemitismus. Doch die Judenfeindlichkeit in Europa ist deshalb noch lange nicht ausgemerzt. Im zweiten Antisemitismusbericht der EU von Mitte Dezember zeigen sich jüdische Bürger besorgter als noch vor sechs Jahren, als die erste Studie veröffentlicht wurde. Und Ende Dezember publizierte das Wiesenthal-Zentrum seine jährliche Liste mit den schlimmsten antisemitischen Vorfällen. Dabei schrieb die Nichtregierungsorganisation von den «Gefahren einer Gesellschaft, in der es nicht mehr tabu ist, auf sozialen Medien und in der realen Welt Hass und Intoleranz zu verbreiten». Experte Daniel Gerson erklärt, wo, wie und von welcher Seite sich Judenfeindlichkeit heutzutage äussert und welchen Einfluss der Nahostkonflikt sowie die Politik Israels dabei haben.
Daniel Gerson, 85 Prozent der jüdischen Befragten einer EU-Studie meinten, dass Antisemitismus das grösste sozialpolitische Problem in ihren jeweiligen Ländern ist. Wie sind solche Berichte auf Grundlage subjektiver Eindrücke zu interpretieren?
In Europa kann man eine Atmosphäre wachsender Xenophobie wahrnehmen. In solchen Zeiten ist es für alle Minderheiten nicht einfach. Hinzu kommt die schwierige, jahrhundertelange Geschichte der Juden in Europa mit dem Holocaust als präzedenzloses Verbrechen. Vor diesem Hintergrund ist die erhöhte Sensibilität europäischer Juden nachvollziehbar und deren Ängste sollte man ernst nehmen. Besonders bei der in dieser Studie überproportional vertretenen Generation der Menschen über 60. Andererseits gibt es auch Untersuchungen, in denen nicht dem gefühlten Antisemitismus durch die Betroffenen nachgegangen, sondern bei der Mehrheitsgesellschaft nachgefragt wird. Und da ist in einigen Ländern festzustellen, dass antisemitische Vorurteile an Bedeutung verlieren.
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