Renate Künast von den Grünen / Foto: Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen

Künast-Urteil: "Stück Scheiße" und "Drecks Fotze" erneut auf dem Richtertisch

Berlin/Ganderkesee (ots/fs) – Nach der Gerichtsentscheidung, einen Teil der Hasspostings, gegen die sich Renate Künast zunächst vergeblich juristisch gewehrt hatte, als Beleidigung einzustufen, glaubt die Grünen-Politikerin an eine abschreckende Wirkung des Urteils.

Auf rbb 88.8 sagte Künast, die Entscheidung sei Teil eines Gesamtpaketes, mit dem man sich gegen Rechtsextremismus wehren müsse. Die Gesellschaft müsse irgendwo zeigen, wo die rote Linie sei. Man müsse aufpassen, dass die digitale Welt nicht dazu führe, dass Jugendliche glaubten, sich so verhalten zu dürfen, so Künast weiter. Das täten sie sonst in der analogen Welt auch. In so einem Land, in dem man sich ständig so bezeichne, würde man nicht leben wollen.

Das Berliner Landgericht hatte ihrer Beschwerde in sechs von 22 Fällen rechtgegeben: Facebook muss nun die Nutzerdaten von Usern herausgeben, die Künast in Kommentaren übel beleidigt hatten.

Auf die Frage, ob die Entscheidung des Landgerichts abschreckende Wirkung haben kann, sagte Künast wörtlich:

Ich glaube schon. Das ist Teil eines Gesamtpakets, mit dem wir uns gegen Rechtextremismus wehren müssen. Jeder an seiner Stelle, an seinem Arbeitsplatz, in der Freizeit die Stimme erheben und sagen: so reden wir nicht miteinander. Aber trotzdem muss die Gesellschaft ja irgendwo zeigen, wo die rote Linie ist. Das machen wir in vielen anderen Straftaten ja auch.

Wir müssen aufpassen, dass diese digitale Welt nicht dazu führt, dass da Jugendliche, die ja vielmehr Stunden dort verbringen als Erwachsene, am Ende glauben, dass man sich so verhalten darf. Das tun sie in der analogen Welt dann auch. In so einem Land wollten wir, glaube ich, nicht leben.

Renate Künast gegenüber rbb 88.8

Der Kommentar

Dass das Landgericht Berlin sein Urteil vom September zu den Beschimpfungen gegen Renate Künast kassiert hat, ist in der Sache nur zu begrüßen. Wenn jemand öffentlich als “Stück Scheiße” und “Drecks Fotze” bezeichnet wird, dann muss man nicht Jura studiert haben, um zu dem Schluss zu kommen, dass das Beleidigungen sind. Handfeste obendrein. Deshalb drängt sich die Frage auf, warum das Gericht die Kommentare zum Künast-Post nicht schon im September “im Lichte höchstrichterlicher und verfassungsrechtlicher Rechtsprechung zur Meinungsfreiheit” geprüft hat, wie nun geschehen. Das hätte man durchaus erwarten dürfen.

Der “Abhilfebeschluss” schafft nun Raum für Spekulationen darüber, ob die Korrektur durch den enormen Druck der öffentlichen Diskussion beeinflusst worden ist, den die ursprüngliche Entscheidung ausgelöst hat. Das ist fatal. Denn die Unabhängigkeit der Gerichte und der Rechtsprechung ist eine Säule des demokratischen Staates. Daran darf auch nicht der leiseste Zweifel aufkommen.

Gleichwohl wirft der Fall Künast auch ein bezeichnendes Licht auf die zunehmende Verrohung der Gesellschaft. Argumente werden durch Aggression ersetzt – oder damit beantwortet. Vor allem im Netz. Als Durchlauferhitzer wirken dabei die sogenannten “sozialen Netzwerke”. Was hier tagtäglich zu lesen ist, ist alles andere als sozial.

Längst scheint den Betreibern die Kontrolle darüber entglitten zu sein. Deshalb ist es unverzichtbar, hier erkannte Beleidigungen und andere Gesetzesverstöße konsequent zu ahnden. Hass darf keinen Platz in unserer Gesellschaft haben.

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