Hamburg/Ganderkesee (fs) – Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) soll eigentlich für weniger Hass im Netz sorgen. Doch seit seinem Inkrafttreten werden die kritischen Stimmen, die sich gegen die Ausgestaltung des Gesetzes richten, immer lauter. Einige fürchten eine Einschränkung der Meinungsfreiheit, anderen geht der Schutz vor Hasskriminalität im Internet noch nicht weit genug.
Neuregelung im Internetrecht
Seit dem Inkrafttreten des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes (NetzDG) am 01.10.2017 gelten für Online-Netzwerke in Deutschland strengere Regeln. Seitdem müssen Facebook, Twitter und andere soziale Plattformen offensichtlich rechtswidrige Inhalte nach einem entsprechenden Hinweis innerhalb von 24 Stunden löschen. Bei weniger eindeutigen Inhalten haben die Plattformen eine Woche Zeit, einen Verstoß festzustellen und Inhalte zu beseitigen oder zu sperren.
Das Ziel des Gesetzes ist klar: Strafbare Inhalte, Hass und Hetze sollen schneller aus dem Netz verschwinden. Webseitenbetreiber sollen zudem mehr in die Verantwortung gezogen werden.
Kritiker befürchten Einschränkung der freien Rede im Netz
Doch wie sehr ist mit den Regelungen des NetzDG eine freie Meinungsäußerung im Internet in Gefahr? Eins steht jedenfalls fest: Halten sich die Plattformen nicht an das Gebot der Löschung, kann es teuer werden. Und darauf fußt auch die Argumentation einiger Kritiker. Sie befürchten, dass die Webseitenbetreiber vorsorglich lieber alles löschen, um hohen Bußgeldern aus dem Weg zu gehen. Bußgelder hat zudem nur zu befürchten, wer rechtswidrige Inhalte nicht beseitigt, nicht aber, wer legale Äußerungen fälschlicherweise löscht. Im schlimmsten Fall drohe so eine Zensur von Inhalten im Netz.
Die Verantwortung liegt beim Staat
Wer legt überhaupt fest, ob es sich um strafbare Inhalte handelt? Was Gerichte in teils monatelanger Ausarbeitung urteilen, müssen Plattformbetreiber schnellstmöglich entscheiden. Hier treffen die eigenen Richtlinien der Plattformbetreiber auf die Regelungen des NetzDG und des Strafrechts und kommen parallel zum Einsatz.
Verfassungsrichter Peter Michael Huber sieht vor allem ein Problem darin, dass den sozialen Netzwerken und Plattformen im Internet zu viel an Verantwortung und Entscheidungsfreiheit überlassen werde. Der Schutz der Meinungsfreiheit dürfe nicht den Webseitenbetreibern überlassen werden, fordert der Verfassungsrichter.
Als Beispiel nennt er einen Fall, bei dem Facebook eine Wahlwerbung der rechtsextremen NPD vor der Europawahl nach seinen eigenen Richtlinie gelöscht hat, obwohl die Werbung vermutlich strafrechtlich nicht relevant gewesen ist. Es könne aber nicht sein, dass Facebook, Google oder andere Plattformen die Standards bestimmen, auf deren Grundlage gesellschaftliche und politische Auseinandersetzungen geführt werden, so Huber. Diese Standards müsse vielmehr der Staat und Gesetzgeber festlegen. Huber fordert daher, dass das NetzDG nachgebessert wird.
Berechtigte Verunsicherung
Doch was nicht vergessen werden darf – das nicht nachvollziehbare Löschen und Sperren von Inhalten ist kein Problem, das erst mit dem NetzDG aufgetreten ist. Soziale Medien sind schon seit zehn Jahren verpflichtet, rechtswidrige Inhalte zu löschen. Auf Grundlage des Telemediengesetzes gilt eine Löschpflicht also schon länger, die konsequente Durchsetzung dieser sollte durch das NetzDG geschaffen werden. Zudem entfernen Soziale Plattformen unabhängig von den Regelungen im Internetrecht auf Grundlage ihrer eigenen Geschäftsbedingungen und Nutzungsregelungen Inhalte ihrer Nutzer. Nicht selten sind diese Regelungen so vage formuliert, dass sie genauso zu Verwirrung bei Nutzern führen, wenn ihre Inhalte gelöscht werden.
Dennoch stellen Kritiker des NetzDG berechtigte Fragen. Sind Löschentscheidungen algorithmengestützt? Oder werden die Entscheidungen von qualifizierten Mitarbeitern getroffen? Inwiefern spielen die Nutzungsbedingungen der Plattformen neben dem NetzDG noch eine eigenständige Rolle?
Und auch die Frage, wie es nach dieser ganzen Kritik am NetzDG nun weitergehen soll, ist damit nicht ganz unberechtigt. Soll das Gesetz wieder abgeschafft werden oder muss der Gesetzgeber nochmal nachjustieren? Beim Thema NetzDG wird man wohl abwarten müssen, ob und wann der Gesetzgeber sich diesem nochmal annimmt.
Bild: Gerd Altmann auf Pixabay
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