Berlin/Ganderkesee (fs) – Am 02. Dezember vergibt das BÜNDNIS GEGEN HOMOPHOBIE den diesjährigen Respektpreis. Die Jury bestehend aus Jenan Mouhamed Ali (Coca-Cola European Partners Deutschland GmbH), Martina Frisch (St.-Michaels-Heim Jugendgästehaus & Hotel), Dr. Ahi Sema Issever (Charité – Universitätsmedizin Berlin), Hendrik Kosche (Jüdische Gemeinde zu Berlin), Lydia Malmedie (Landesstelle für Gleichbehandlung – gegen Diskriminierung), Petra Rosenberg (Landesverband Deutscher Sinti und Roma Berlin), Stefanie Wall (LSVD Berlin-Brandenburg) und Bernd Wegner (BVG) wählte aus zahlreichen Vorschlägen die Nominierten aus. Die Jury tagte beim Bündnismitglied art’otel berlin kudamm, welches zusammen mit den anderen 122 Bündnismitgliedern nun über den Respektpreisträger 2019 abstimmt.
Für den Respektpreis 2019 des BÜNDNIS GEGEN HOMOPHOBIE sind das Bode-Museum für die Ausstellung „Spielarten der Liebe“, das queere Jugendzentrum des Jugendnetzwerks Lambda Berlin-Brandenburg e. V., der Türkischer Bund in Berlin-Brandenburg e. V. (TBB) und Vorspiel – Sportverein für Schwule und Lesben Berlin e. V. (Vorspiel SSL Berlin) nominiert. Ausgezeichnet wird herausragender Einsatz für die Akzeptanz von homosexuellen und transgeschlechtlichen Menschen.
Die Begründung für die Nominierungen
Bode-Museum für die Ausstellung „Spielarten der Liebe“
Im Bode-Museum und damit erstmals in einem der Staatlichen Museen zu Berlin wird mit „Spielarten der Liebe“ seit September 2019 eine Dauerausstellung gezeigt, die sich mit der Vielfalt geschlechtlicher Identitäten und sexueller Orientierungen, ihrer Wahrnehmung und künstlerischen Verarbeitung befasst. Die in Kooperation mit dem Schwulen Museum entstandene Ausstellung bildet den ersten Teil der neuen Ausstellungsreihe „Der zweite Blick“, mit der das Museum seine Dauerausstellung in einen neuen Zusammenhang stellen möchte. Bei „Spielarten der Liebe“ können bislang zumeist übersehene oder ignorierte Aspekte zu den mannigfaltigen Spielarten der Liebe mittels fünf Themenrouten innerhalb der Sammlung entdeckt werden.
- Die erste Route spürt der Darstellung des heroischen Soldaten und den Grenzen zwischen männlicher Kühnheit und Bisexualität nach.
- Die zweite Route folgt Kunstwerken von männlichen homosexuellen Künstlern oder solchen, die ihnen nahestanden.
- Männliche homosexuelle Auftraggeber stehen im Fokus der dritten Route.
- Die vierte Route führt zu Darstellungen von weiblicher Intimität und erotischer Liebe unter Frauen.
- Die fünfte Route schließlich setzt sich mit der Frage auseinander, inwieweit sich die Zuordnung zu einem Geschlecht immer aufrechterhalten lässt.
Die Themen werden von September 2019 bis März 2020 im Rahmen einer Vortragsreihe vertieft. Kuratiert wird die Ausstellung von Maria Lopez-Fanjul y Diez del Corral. Der Ausstellungskatalog steht unter folgendem Link online zur Verfügung: https://www.smb.museum/museen-und-einrichtungen/bodemuseum/ausstellungen/der-zweite-blick/spielarten-der-liebe.html
Pressestimmen
Was für ein gelungenes Ausstellungskonzept, das die altehrwürdigen Kunstschätze der Skulpturensammlung und des Museums für byzantinische Kunst einem zweiten hochaktuellen Blick aussetzt. […] An herausragenden Beispielen aus 1500 Jahren europäischer Kunst- und Kulturgeschichte lässt sich nicht nur wissenschaftlich, sondern auch lustvoll verfolgen, wie groß die Vielfalt sexueller Identitäten immer schon gewesen ist […].
Tagesspiegel, 7.09.2019
Eine Frau am Kreuz und ein Jesus mit „männlicher Braut“? Die abendländische Kunst ist nicht nur Sache der Heteros. Nun richtet das Berliner Bode-Museum eigene Routen für den schwulen, lesbischen, bi- und transsexuellen Blick ein. Ein Projekt mit Vorbildcharakter.
WELT, 5.09.2019
Queeres Jugendzentrum von Jugendnetzwerk Lambda Berlin-Brandenburg e. V.






































Im Stadtteil Prenzlauer Berg eröffnete im September 2018 das erste berlinweite Jugendzentrum für LSBTI. Es bietet Freiräume, Schutz vor Diskriminierung und Hilfe beim Coming-out. Hier ist ein Ort entstanden, wo sich LSBTI Jugendliche treffen und austauschen können. Träger dieser durch die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie geförderten Einrichtung ist das Jugendnetzwerk Lambda Berlin-Brandenburg. Dieses spezielle Netzwerk wurde 1990 gegründet. Zu dieser Zeit gab es weder in der DDR noch in der BRD einen speziellen Jugendverband, der die Interessen LSBTI* Jugendlicher vertrat. Seit seiner Gründung übernahm Lambda diese Aufgabe. Das Netzwerk baute aber auch eine schwul-lesbische Bibliothek auf, organisiert Veranstaltungen und initiiert Gruppentreffen.
Viele Besucherinnen des Jugendzentrums erleben in ihrem Alltag Diskriminierung bis hin zu Ablehnung. Das Suizidrisiko bei jungen Menschen, die nicht heterosexuell orientiert sind, ist Studien zufolge signifikant höher als bei heterosexuellen Jugendlichen. Vor allem die Phase des Coming-outs ist oft belastend. Die Jugendlichen finden im Jugendzentrum in der Sonnenburger Straße fachkundige Unterstützung und treffen junge Menschen in ähnlichen Lebenslagen. Sie können selbst Ideen und Projekte umsetzen und feststellen, dass sie tatsächlich etwas bewegen können – für sich und andere.
Das Jugendzentrum versteht sich als Schutzraum. Auch bei Problemen mit der Familie oder in der Schule haben die Mitarbeiterinnen ein offenes Ohr. Außerdem setzt das Zentrum auf das Peer-to-Peer-Konzept. Das bedeutet, dass Gleichaltrige sich gegenseitig unterstützen. Unter der Woche treffen sich Gruppen im Jugendzentrum, die sich an den verschiedenen Bedürfnissen und Altersstufen der Jugendlichen orientieren.
Bei „Lambda Hoch 2“ sind es zum Beispiel Queers mit Lernschwierigkeiten. Bei „Young*“ treffen sich 14- bis 19-Jährige und sprechen über ihre Erfahrungen. Die Gruppen veranstalten Koch- und Karaokeabende oder machen Ausflüge.
Türkischer Bund in Berlin-Brandenburg e. V. (TBB)
An 365 Tagen im Jahr bekennt der Türkische Bund in Berlin-Brandenburg Farbe. Denn nicht nur zur Pride Season sondern das ganze Jahr über weht an der Geschäftsstelle des Vereins die Regenbogenfahne. Der TBB ist eine überparteiliche, überkonfessionelle, demokratische Migrantinnenenorganisation vornehmlich türkeistämmiger Menschen, die sich in Migrantinnencommunitys kontinuierlich für Aufklärungs- und Sensibilisierungsarbeit zum Thema Homosexualität engagiert. Dazu ist der TBB mit den Initiativen und Vereinen der Berliner LSBTI-Community vernetzt.
Beispiele für das LSBTI-spezifische Engagement des TBB sind…
- …die Plakatkampagnen 2004 „Kai ist schwul. Murat auch! Sie gehören zu uns. Jederzeit.“ und 2005 „Çiğdem ist lesbisch. Vera auch! Sie gehören zu uns. Jederzeit!“. Ziel der vom Zentrum für Migranten, Lesben und Schwule (MILES) des LSVD Berlin-Brandenburg e. V. initiierten und vom TBB unterstützen Kampagne war es, junge LSBTI* deutscher und nichtdeutscher Herkunft in der Öffentlichkeit sichtbar zu machen.
- …der Elternbrief 2011: Der vom LSVD Berlin-Brandenburg gemeinsam mit dem TBB erarbeitete mehrsprachige Elternbrief zum Thema gleichgeschlechtliche Liebe wurde zum damaligen Schuljahresbeginn von der Berliner Bildungsverwaltung an alle Berliner Schulen versendet und wird bis heute von Lehrkräften bestellt und eingesetzt.
- …die Beteiligung an der Durchführung des Projektes SAWA, mit dem LSBTI* Geflüchtete dabei unterstützt werden konnten, einen leichteren Weg in die Wohnungssuche zu finden.
Anfang 2018 startete der TBB außerdem das Projekt „Mein Kind – Ohne Wenn und Aber! Stärkung von LSBTQI und ihren Familien“, mit dem Ziel, türkeistämmige Eltern von LSBTI* zu stärken. Das Projekt wird von der Landesstelle für Gleichbehandlung – gegen Diskriminierung (LADS) der Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung gefördert.
Den Schwerpunkt des Projektes bildet eine moderierte Elterngruppe. Darüber werden Einzelberatungen angeboten und es finden themenbezogene Seminare statt. Hier werden die Eltern über geschlechtliche Identitäten und sexuelle Orientierungen informiert und es werden ihnen Handlungswege aufgezeigt. Ziel ist es, die Eltern darin zu stärken, zu der geschlechtlichen Identität und/oder sexuellen Orientierung ihrer Kinder zu stehen und diese zu unterstützen. Die Eltern sollen bestehende Netzwerke kennenlernen, aber sich auch untereinander vernetzen und mit allen Fragen kompetent begleitet werden.
Promo-Video zum Projekt „Mein Kind – Ohne Wenn und Aber!“
Vorspiel – Sportverein für Schwule und Lesben Berlin e. V. (Vorspiel SSL Berlin)
Dieser im Jahr 1986 in Berlin gegründete schwul-lesbischen Schöneberger Mehrsparten-Sportverein agiert gemeinnützig und bietet insbesondere queeren aber auch nicht-queeren Menschen einen geschützten Raum zum gemeinsamen Sporttreiben.






































Inspiriert wurde die Vereinsgründung durch Teilnahme schwuler Sportler aus Berlin an den ersten Gay Games in San Francisco. Im Jahre 1992 stieß die erste lesbische Frau zum Verein und nach weiterem weiblichen Zuwachs wurde der damalige Vereinsname – Schwuler Sportverein Vorspiel (SSV) – in den heutigen geändert. Entscheidend für die Gründung des Vereins war der Wunsch nach einem gemeinsamen Sporterlebnis unter Freunden ohne Diskriminierung. Zur Gründungszeit wurden Homosexuelle noch unverblümt diskriminiert und die Krankheit AIDS sorgte für weitere Ausgrenzung. Der gemeinsame Sport vermittelte Stärke und Zusammenhalt der Teilnehmer*innen. Mehr zur Geschichte des Vereins unter: https://www.vorspiel-berlin.de/historie
Der Verein zählt aktuell etwa 1.600 Mitglieder und gehört damit zu den größten queeren Sportvereinen in Europa. Vorspiel bietet an sieben Tagen die Woche über 30 verschiedene Sportarten zu etwa 100 Trainingszeiten an. Des Weiteren betont Vorspiel den Inklusionsgedanken im Engagement für queere Geflüchtete, so z. B. in einem speziellen Trainingsangebot im Schwimmen. Um die häufig prekäre Situation geflüchteter Menschen wissend bietet Vorspiel äußerst niedrigschwellige Sonderkonditionen zur Teilnahme am Sport für diese Personengruppe an.
Der Verein sticht auch deshalb im Engagement hervor, weil sich Vorspiel auf die Fahnen geschrieben hat, dass Jeder nach seinen/ihren Möglichkeiten Sport treiben kann. Der Verein zeigt sich vor allem lösungsorientiert bei (temporären) Herausforderungen. So sollen auch private Notlagen nicht dazu führen, dass eine sportbegeisterte Person nicht trainieren kann.
Der Verein organisiert eine Reihe von eigenen Projekten (z.B. Setz ein Zeichen, BundesNetzwerkTagung der queeren Sportvereine 2018, Superhero Games) und engagiert sich als Unterstützer oder Mitorganisator für weitere Veranstaltungen (z.B. Respect Gaymes, CSD auf der Spree, Queerspiele Berlin). Vorspiel SSL Berlin e.V. leistet damit einen großen Beitrag zur Anerkennung von queeren respektive gleichgeschlechtlichen Lebens- und Liebensweisen.
Aktiv gegen Homophobie
Um aktiv gegen Homophobie einzutreten, setzt der LSVD Berlin-Brandenburg e. V. im Auftrag der Landesstelle für Gleichbehandlung – gegen Diskriminierung (LADS) der Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung das von ihm initiierte BÜNDNIS GEGEN HOMOPHOBIE im Rahmen der Initiative „Berlin tritt ein für Selbstbestimmung und Akzeptanz geschlechtlicher und sexueller Vielfalt“ (IGSV) um. Schirmherr des BÜNDNIS GEGEN HOMOPHOBIE ist der Regierende Bürgermeister von Berlin Michael Müller.
Titelbild: LSVD
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