Jena/Bremen (fs) – Schule übernimmt neben ihrer Rolle als reiner Wissensvermittler auch eine ganz besondere gesellschaftliche Aufgabe: In den Schulgesetzen der Länder ist in der Regel der Auftrag verankert, den Unterricht so zu gestalten, dass Schülerinnen und Schüler im Geiste von Demokratie und Völkerverständigung lernen können. Das befähigt junge Menschen, gesellschaftliche Verantwortung übernehmen und die freiheitlich demokratische Grundordnung mitgestalten zu können. Darin eingeschlossen ist somit auch die Auseinandersetzung mit drohenden und bereits existierenden rechtsextremistischen Tendenzen.
Wie Pädagoginnen und Pädagogen an Schulen dem begegnen können, darüber informiert der Politikwissenschaftler Michael May von der Friedrich-Schiller-Universität Jena, der auch Mitglied des KomRex – Zentrum für Rechtsextremismusforschung, Demokratiebildung und gesellschaftliche Integration der Universität Jena ist, in einem neuen Buch, das er gemeinsam mit seiner Kollegin Gudrun Heinrich von der Universität Rostock veröffentlicht hat.
Seit den 1990er Jahren gibt es kaum Literatur, die sich praxisnah und kohärent dem Problembereich Schule und Rechtsextremismus widmet – diese Lücke wollen wir mit dem neuen Band schließen.
Michael May
Politische Bildung dieser Art sei für alle Pädagoginnen und Pädagogen relevant und nicht nur für die, die etwa Sozialkunde und Geschichte unterrichten. Die Schule müsse das Thema proaktiv angehen und die Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus nicht so lange vermeiden, bis es einen akuten Anlass gibt.
Anerkennungskultur und Kontaktintervention als Vorbeugung
Dementsprechend legen die Politikdidaktikerinnen und -didaktiker einen Schwerpunkt in ihrem Buch auf Präventionsmaßnahmen. Ein wesentlicher Bestandteil der Vorbeugung sei dabei eine gelebte stimmige Anerkennungskultur in der Schule.
Das bedeutet, dass sich alle Akteure in der Schule auf Augenhöhe und mit Wertschätzung begegnen sollten. Empirische Studien belegen, dass es eine Korrelation zwischen dieser Art des Zusammenwirkens und einer geringen Ausprägung rechtsextremistischer Tendenzen gibt.
Michael May

Schüler und Lehrer müssten dabei Konflikte nicht vermeiden oder unterdrücken, sie seien schließlich Teil eines jeden Lernprozesses. Doch brauche es entsprechende Bewältigungsstrategien.
Ein weiterer wichtiger Bestandteil der Präventionsarbeit ist die politische Bildung. Hierbei geht es nicht nur darum, konkret Rechtsextremismus anzusprechen oder sich beispielsweise mit dem Nationalsozialismus zu beschäftigen.
Vielmehr gilt es ebenso, ein konzeptionelles Verständnis für die Demokratie zu fördern und beispielsweise offenzulegen, welche Freiheiten damit verbunden sind – nicht zuletzt für jeden Einzelnen.
Michael May
Außerdem unterstreicht er die sogenannte Kontaktintervention als ein wichtiges Mittel für den Abbau von Vorurteilen und rassistischem Gedankengut.
Hierbei geht es darum, Menschen zusammenzubringen, die Vorurteile gegen den jeweils anderen pflegen. Wenn diese an gemeinsamen Projekten arbeiten, dann lernen sie sich häufig besser kennen, was für mehr Verständnis und Toleranz sorgt und Vorbehalte abbaut.
Michael May
Schutz von Geschädigten hat Priorität
Doch die Autoren beschränken sich in ihrem Buch nicht nur auf die Prävention, sondern bieten in ihrer praxisorientierten Zusammenstellung auch Hilfe, wenn konkrete rechtsextremistische Einstellungen in der Schule – etwa im Unterricht – offenbar werden.
Allerdings können wir für solche Situationen keine allgemeingültigen Rezepte liefern, denn die gibt es nicht. Jede Situation ist anders und muss anders angegangen werden.
Michael May
In das Buch seien beispielsweise Erfahrungen eingeflossen, die Lehramtsstudierende der Universität Jena während ihres Praxissemesters gemacht haben.
Wir haben dabei einzelne Fälle analysiert und entsprechende individuelle Lösungsansätze herausgearbeitet, Es ist etwa ein großer Unterschied, ob eine rassistischen Äußerung während des Unterrichts einen Schüler unmittelbar beleidigt. Dann hat der Schutz des Geschädigten zunächst Priorität.
Michael May
Außerdem müssen Lehrerinnen und Lehrer unterscheiden, woher die Motivation für rechtsextreme Aussagen kommen: Handelt es sich beispielsweise um Ängste, die aus rassistischen Denkweisen herrühren und denen man mit Gesprächen, Information und politischer Bildung begegnen kann, oder steckt dahinter eine Provokation, auf die man eher sachlich reagiert, um dem Gesagten keine zusätzliche Aufmerksamkeit zu verschaffen – ohne aber die zutage getretene Gesinnung herunterzuspielen. Darüber hinaus sollten sich Pädagoginnen und Pädagogen auch darüber bewusst sein, wo ihr Auftrag endet und sie möglicherweise andere Akteure und Institutionen dazuholen müssen.
Originalpublikation























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