Rechtsruck bei der Europawahl – Ein Kommentar

Zweierlei hat die Wahl zum EU-Parlament gezeigt. Zum einen: Die Angst vor dem Verlust einer Gemeinschaft, die trotz aller berechtigter Kritik an Konstrukt und Politik einen wesentlichen Beitrag zur Frieden und Stabilität – ja, auch wirtschaftlicher und im bescheidenen Maße sozialer – geleistet, Grenzen überwunden und Menschen zueinander geführt hat, ist groß.

Höhere Wahlbeteiligung

Der drohende Rechtsdrall hat diesmal weit mehr Menschen an die Urnen gebracht als bei vorangegangenen Europawahlen. Denn die von Rechtsaußen vollzogene Rückkehr zur Dominanz des Nationalen, der insbesondere bei Konservativen kaum auf Widerstand stieß, die höhnische Missachtung verbriefter europäischer Werte, wie sie sich in der Unterminierung einer gemeinsamen Flüchtlingspolitik zeigt, die unsanktionierte Jeder-ist sich-selbst-der-nächste-Mentalität setzen das »Projekt Europa« als Ganzes aufs Spiel. Angesichts dessen verteidigen selbst ausgewiesene EU-Kritiker die Integration. Zum anderen: Das Vertrauen in andere Parteien, tatsächlich dieses Europa verändern zu wollen und zu können, ist offenbar begrenzt. Zu abgehoben erscheinen die Programme, zu weit weg von der Lebensrealität, zu stark auf einzelne Aspekte fokussiert.

Ohne ideologische Grenzen

Dass im EU-Parlament künftig eine andere Politik nur gegen die gestärkte Fraktion von Europagegnern durchzusetzen ist, macht es nicht einfacher. Aber konstruktive Arbeit ohne ideologische Barrieren ist der vielleicht erfolgversprechendste Weg, den Rechten Einhalt zu gebieten.

Und am Ende muss man sagen…

Am Ende muss man feststellen, dass alles hätte schlimmer kommen können. Zu groß waren die Schwankungen in den Prognosen zu den rechten Parteien in Europa. In den Niederlanden eher die Verlierer und in Deutschland ein kleiner rechter Gewinner mit der AfD, aber dann auch wieder nicht so richtig. Im Vergleich zur Bundestagswahl halt auch ein Verlierer. Der rechts-braune Komet namens Rassismus hat uns noch einmal knapp verfehlt – hat nur eine Spur hinterlassen.

Was tun?

Das war er nun, der oft besagte Schuss vor den Bug. Und nun? Wie nutzt man die Erkenntnisse aus dieser Europawahl und aus dem vorangegangenen Wahlkampf? Auf nationaler Ebene genauso wie auf europäischer Ebene.

Was man jetzt schon mit Gewissheit sagen kann: Wollen wir Deutschen und Europäer die braune Brut, die Gefahr von Rechts, bannen, so wird es nur über eine große und breit angelegte Front gehen. Wir haben in der Vergangenheit viele großartige Menschen in Deutschland und Europa gehabt, die immer wieder gegen Rechts auf die Straße gegangen sind oder anderen Aktionismus an den Tag gelegt haben. Dann gab es die vielen tausenden Sympathisanten und halt die Menschen, die gleichgültig zu- oder wegschauten.

Es ist wichtig, dass es in Zukunft ein einheitliches Bündnis in den einzelnen Staaten sowie in Europa gibt. Ein großer Zusammenschluss der Aktiven gegen Rechts. Unabhängig von politischen Richtungen und Glaubensfragen. Kompromissbereitschaft wird gefragt sein. Nicht irgendwann sondern jetzt. Denn morgen könnte es zu spät sein.

Meinen Enkelkindern möchte ich nicht irgendwann sagen müssen, dass wir es am Ende versäumt haben die Rechten zu stoppen, uns lieber mit unseren eigenen Eitelkeiten auseinander gesetzt haben.

Frank Schurgast

Bild: Screenshot wahl.tagesschau.de

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